Die Veredelung von Citruspflanzen

DPI Inspektor mit Edelreisern in der Hand vor einem Baum Citrus limonia

Das Veredeln bietet für alle Obstpflanzen mehr Vorteile als Nachteile, weshalb es sich im kommerziellen Anbau durchgesetzt hat. Der Vorteil ist, daß die Krone getrennt vom Wurzelstock anzusehen ist, wodurch eine gute Anpassung der Fruchtkrone an eine breite Spanne von Bodenverhältnissen angepaßt werden kann. Ebenfalls bringt der Wurzelstock einen großen Einfluß auf die Fruchtqualität, die Fruchtgröße, das Wachstum und die Krankheitstoleranz mit ein, weshalb hier ebenfalls zum Teil günstigere Kombinationen entstehen können, als bei anders vermehrten Pflanzen. Der Wurzelstock wird allgemein als Unterlage bezeichnet und der Teil, der später die fruchttragende Krone bildet wird Edelreis genannt. Das Edelreis kann aus Triebteilen oder nur aus einem einzelnen Auge bestehen, welches mit geeigneten Methoden auf der Unterlage zum Anwachsen angebracht wird. Es kann unter Umständen dazu kommen, daß sich Edelreis und Unterlage nicht vertragen und es so zu Abnormitäten kommen kann. Viele dieser Abnormitäten führen nicht zu Nachteilen, doch einige wenige können dazu führen, daß das Edelreis abstirbt. Oft machen sich solche Inkompatibilitäten zwischen Edelreis und Unterlage schon früh bemerkbar, doch manchmal gestaltet sich solch ein Fehler etwas anders als allgemein erwartet. Inkompatibilitäten sind zudem oft sichere Anzeichen für eine Infektion mit Krankheiten. Daher sollte vor allem eines sicher sein: Das Edelreis sollte (muß) aus einer zertifizierten und geprüften, krankheitsfreien Quelle kommen. Das Edelreis muß mit der Unterlage kompatibel sein, so daß keine Nachteile für die Kombination entstehen. Im Nachfolgenden Unterlagenkapitel habe ich die Unterlagen aufgeführt, welche sehr häufig weltweit angebaut werden. Die Unterlagen werden aus Samen gezogen, welche zuvor geprüft wurden. Die Unterlage sollte mindestens Bleistiftdicke haben, bevor eine Veredelung vorgenommen werden kann. Viele Veredelungskombinationen haben sich als sehr wertvoll erwiesen und erfreuen sich großer weltweiter Bedeutung, wie z.B. 'Valencia Orange auf 'Carrizo' Citrange. Für Kübelpflanzen werden hauptsächlich Pomeranze und Poncirus trifoliata verwendet, wobei letztere sehr einfach aus Samen zu ziehen ist, da in vielen botanischen Gärten Poncirus trifoliata kultiviert wird. Pomeranze dürfte wohl die älteste europäisch verwendete Unterlage sein, wobei das Pfropfen von Edelreisern auf Poncirus trifoliata schon vor Christi Geburt in China bekannt und angewandt wurde. Zum Veredeln ist praktische Erfahrung sehr wichtig, daher kann ich an dieser Stelle nur auf die kleinen Veredelungskurse hinweisen, die Kleingartenvereine und Obstanbaubetriebe geben. Sie vermitteln die nötige praktische Basiserfahrung und sind eine wertvolle und wichtige Grundlage für die ersten eigenen Veredelungen. Selbst in Fachbetrieben kommt es hin und wieder vor, daß ein Edelreis nicht angenommen wird, d.h. das Edelreis ist nicht mit der Unterlage verwachsen. Veredelungstrupps in den USA werden nach Stückzahl bezahlt, wobei gute 'Budder', so wird der Verdelungsausführende genannt, eine Anwachsquote, 'take' genannt, von etwa 95% auf 300 Pflanzen haben. Die hohen Quoten sind durch die konstante Übung und Erfahrung des Trupps erreicht. Im Vorfeld und für eine gute theroetische Basiserfahrung können auch Bücher, die im Fachhandel zu erhalten sind, eine nützliche Hilfe sein.

Zum Veredeln wird im allgemeinen nicht viel Werkzeug benötigt, doch bei Arbeiten an einer Plantage, können die Standartwerkzeuge oft durch Zusatzgeräte ergänzt werden, welche dann doch das Arsenl recht umfangreich gestalten. Zum besseren Verständnis werde ich nun hier auf die verschiedenen Werkzeuge speziell zum Veredeln eingehen. Einige dieser Werkzeuge sind im Anhang unter Werkzeuge nochmal aufgeführt.

Zum Veredeln benötigt man zunächst ein geeignetes Veredelungsmesser, zum Teil auch mehrer in verschiedenen Ausführungen. Um Kopulationsschnitte gut ausführen zu können hat sich eine Kopulationshippe sehr gut bewährt. Diese Schnitte können auch mit einem normalen Gartenmesser durchgeführt werden, aber dies erfordert mehr Übung. Zum Veredeln mit Augen (okkulieren oder Chippen) benötigt man ein besonderes Messer. Das Okkuliermesser mit Rindenlöser macht das Okkuliren einfacher. Für alle Messer bleiben folgende Grundsätze gleich: Die Klingen sollten aus hochwertigem rostfreien Edelstahl sein, rasiermesserscharf sein und sich durch einen Klappmechanismus gut und sicher verstauen lassen. Der Rindenlöser am Okkuliermesser sollte ebenfalls rostfrei sein, es muß aber kein Edelstahl sein, und vollkommen glatt sein. Er darf keine Grate und Spitzen haben, da ansonsten die feinen Kambialen Wachstumsschichten empfindlich geschädigt werden können, was das Anwachsen des Edelreises verzögert, oder gar unterbindet. Etwas Raffiabast zum Verbinden und Befestigen der Veredelungen ist ebenfalls nötig. Bei Okkulationen können Gummiveredelungsbänder oder okkulationsschnellverschlüsse ebenfalls verwendet werden. Ein gutes kaltstreichfähiges Baumwachs oder Wundverschlußmittel sollte auch vorhanden sein, da die Veredelungsstelle bis zum vollständigen Verwachsen beider Partner als eine Wunde angesehen werden muß. Eine gute Gartenschere sollte auch zur Hand sein, um Edelreiser zu schneiden und um dünnere Unterlagen oberhalb des Edelreises abzuschneiden, was im Fachmund 'abwerfen' genannt wird. Für dickere Unterlagen empfiehlt es sich eine Säge zur Hand zu haben. Bei bestimmten Veredelungsmethoden wird auch ein Keil oder ein sogenanntes 'Veredelungseisen' benötigt, damit dicke Äste in gespaltener Haltung gehalten werden können, oder eben gespalten werden können. Zum 'Veredelungseisen' wird dann noch ein Kunststoffhammer benötigt. Einige saubere Tücher zum groben Reinigen der Veredelungsstelle und der Werkzeuge ist zu empfehlen. Eine Desinfektionslösung zu Desinfizieren der Werkzeuge vor und nach der Veredelung sind zur Hand zu haben. Die Schnittstellen an Edelreis und Unterlage dürfen nie mit Fremdmaterial berührt werden, außer mit sterilen Werkzeugen. So werden Krankheiten und Infekte vermieden.

Certification Tag of spanish Citrus trees

Noch eine Sache zu den Edelreisern. Edelreiser sollten rund sein und schon leichte Anzeichen beginnender Verholzung zu tragen, was sich bei Citrus an dünnen, grau-braunen Linien auf der sonst grünen Rinde bemerkbar macht. Dann sind sie gut geeignet. Die Edelreiser sollten eine Länge von etwa 10-15 cm haben, dürfen aber auch länger sein. Blätter sind zuvor mit einem Messer vorsichtig am Stielansatz entfernt worden, ohne die Augen zu verletzen. Ebenfalls ist, falls vorhanden die Triebspitze entfernt worden. Zum Veredeln sind mindesten fünf Augen am Edelreis nötig, außer bei Okkulation, weil dort nur die Augen verwendet werden. Edelreiser sollten einer verifizierten Quelle entstammen und am Besten einem Edelreisschutzprogram entsprechen.

Beginnen wir mit einem Veredelungsverfahren, welches sehr gern in Italien verwendet wird. Es handelt sich um eine Art des seitlichen Einspitzens, aber auch des Rindenpfropfens. Die Unterlage wird oberhalb der Veredelungsstelle abgeschnitten (abgeworfen) und die Wundränder werden geglättet. Mit dem Messer wird nun ein Schnitt in die Rinde senkrecht nach unten gemacht und die dabei entstandenen Rindenflügel werden vorsichtig gelockert. Ein entsprechendes Edelreis wurde zuvor ausgewählt und wird jetzt am unteren Teil einem Auge gegenüber mit einem schrägen Schnitt unten Keilförmig zugeschnitten. Der Schnitt muß sauber und glatt sein. Dieser Keil wird nun zwischen die Rindenflügel der Unterlage geschoben, so daß daß unverletzte Auge gegenüber dem Edelreisschnitt zwischen den Rindenflügeln zu liegen kommt. Es wird nun mit Raffiabast oder Gummiveredelungsband verbunden und zwar so, daß die Rindenflügel fest gegen das Edelreis gepreßt werden. Dadurch sollte auch das Edelreis gut gegen die Unterlage gepreßt werden. Die Wunde, wo die Krone der Unterlage abgeworfen wurde, wird mit Baumwachs versiegelt. Auch dort wo das Edelreis eingespitzt wurde, wird mit Baumwachs versiegelt, ebenso wenn die Triebspitze des Edelreis entfernt wurde, wird auch diese Schnittstelle verschlossen.. Die Stelle wo die Rindenflügel das Edelreis bedecken, braucht nicht bedeckt zu werden. Nach einigen Wochen sollte das Edelreis angenommen worden sein und beginnen auszutreiben. Dieses Veredelungsverfahren wird am Besten im späten Frühjahr angewandt.

Die wohl schwierigste Art der Veredelung ist die Kopulation, weil eine Menge Übung dafür benötigt wird. Edelreis und Unterlage sollten die gleiche Stärke haben, d.h. Edelreis und Unterlage gleichen sich im Durchmesser. Die Unterlagege wird mit einem schrägen Schnitt, der etwa 5 cm lang sein sollte, abgeworfen. Dabei entsteht an der Unterlage eine keilförmige Schnittwunde. Das Edelreis wird nun am unteren Ende ebenfalls mit dem gleichen Schnitt keilförmig zugeschnitten. Beide Schnittflächen müssen gleich groß sein und nur geringe Toleranz ist erlaubt. Beide Wunden werden nun aufeinandergelegt, so daß mindestens eine Seite gut mit den Rindenschichten direkt deckungsgleich kommt. Es wird kräftig mit Rafiabast von oben nach unten verbunden und so werden die Wunden von Edelreis und Unterlage fest aufeinander gepreßt. Edelreis und Unterlage sind nun fest miteinander verbunden. Der Schnitt sollte in einem Zug durchgeführt werden und sollte möglichst nicht nachgearbeitet werden. Die gesamte Wundprartie wird nun mit Baumwachs bestrichen, damit keine Keime in die beiden aufeinander liegenden Wunden eindringen können. Wenn die Austriebe am Edelreis, der zum Teil noch leicht belaubt sein darf, etwa fünf Zentimeter an Länge gewonnen haben, wird vorsichtig der Raffiaverband aufgeschnitten und entfernt. Diese Veredelungsmethode kann im Frühjahr aber auch im Herbst angewandt werden. Sie stellt im deutschen Obstanbau eine sehr wichtige Veredelungsmethode dar, ist allerdings bei Citruspflanzen sehr selten. richtig ausgeführte Kopulationen bieten sehr hohe Anwachsquoten und erbringen recht früh Pflanzen von marktfähiger Größe mit guter Kronenentwicklung.

Das Okulieren stellt wohl die bedeutendste Art der Veredelung bei Citruspflanzen dar. Dieses Verfahren wird in den USA ´T-Budding´ genannt und hat wohl den sparsamsten Edelreisverbrauch überhaubt. Die Okkulation benötigt nur ein Auge, also eine Knospe aus einem Edelreis und bietet hohe Anwachsquoten. Der Schnitt mit welchem das Auge aus dem Edelreis ausgelöst wird, sollte im Vorfeld gut geübt sein. Das Edelreis wird auf gut entwickelte Augen hin ausgewäht und entblättert, wobei die Blattstiele am Edelreis verbleiben können.
Hier wird nun das ´umgekehrte Okulieren´ oder ´invert T-Budding´ vorgestellt:
 
T-Schnitt an der Unterlage T-fertige Tasche an der Unterlage Schnitt des Edelauges aus dem Edelreis
Beginn des T-Schnitt an der Unterlage Fertiger T-Schnitt mit geöffneten
Rindenflügeln
Beginn des Schnitts des Edelauges

Das Edelreis wird dazu mit der Spitze vom Körper weg gehalten und das Okkulationsmesser wird etwa 1 cm oberhalb des Auges angesetzt. Ohne einen tiefen Schnitt zu machen, wird das Auge mit einem extrem flachen Schnitt unter der Knospe hindurch bis etwa 2 cm über dem Auge aus dem Zweig herausgeschnitten. Das Okkulationsmesser wird fast parallel zum Edelreis geführt und darf nicht tief in das Holz eindringen. Zuvor wurde die Unterlage an einer augenlosen Stelle gereinigt und es wurde ein etwa 2 bis 3 cm langer Schnitt senkrecht in die Rinde gemacht. Dort wo der Schnitt unten abschließt, wird nun ein waagerechter Schnitt angebracht, der etwa 2 cm breit sein sollte. So ergibt sich ein umgekrht T-förmiger Schnitt in der Unterlage. Mit dem Rindenlöser werden nun die beiden Rindenflügel vom Holz gelöst, so daß sich eine Art Tasche bildet. Jetzt wird das Edelreis geschnitten und am Stielstück gegriffen. Die Schnittstelle darf besonders hier nie berührt werden, da sonst die Anwachsquote rapide fällt.
Einige Leute lösen das Edelauge, indem Sie es nicht abschneiden, sondern vorsichtig vom Edelreiser abziehen. So hat das Edelauge eine Art ´Schwanz´, an dem man es gut greifen kann. Hier kann man nun auch den verbliebenden Holzteil lösen und vorsichtig in Richtung Edelauge hochziehen, dort macht man einen Schnitt und entfernt so einen Großteil des Holzteiles.
 
Holzteil teilweise entfernt Knospe in dne T-Schnitt der Unterlage eingesetzt Veredelung wird verbunden
Holzteil unter der Knospe zum Großteil
entfernt
Die Knospe in den T-Schnitt eingesetzt Verbinden der Veredelungsstelle mit PE-Band

Das Auge wird vorsichtig zwischen die Rindenlappen geschoben, bis es einen festen Sitz hat und der Stiel zwischen den Rindenlappen liegt. Der überstehende Rest das Edelauges wird am Horizontalschnitt der Unterlage abgeschnitten. Jetzt werden die Rindenlappen fest auf das Auge mit speziellem PE-Veredelungsband verbunden, wodurch das Auge fest auf die Unterlage gedrückt wird. Nur bei der Veredelung mit Raffiabast ist ein Verstreichen mit Baumwachs nötig. Das Auge muß aber dann freigelassen werden.
Die Veredelung ist fertig, sie braucht nun zirka 3-6 Wochen um anzuwachsen. Schon nach einigen Tagen sind die ersten Anwachsergebnisse zu sehen: Der Blattstiel, sofern er belassen wurde, wird dunkel, vertrockenet und fällt ab, aber das Auge bleibt grün! Wird auch das Auge dunkel, so wird die Veredelung mißlingen. Ist das Anwachsen erfolgreich geschehen, wird ´Forciert´. Dazu wird die Krone der Unterlage vom Edelreis weg abgeknickt. Dadurch werden vermehrt Wuchsstoffe zum Edelreis gefördert, was den Austrieb fördert. Nach Tagen beginnt dann das Auge auszutreiben, während zuvor starke Wundkallusbildung eingesetzt hat und das Verwachsen klar ersichtlich gemacht hat. Der Edelreistrieb wird am Rest der Unterlagen Krone (Zapfen) angebunden, damit er schön aufrecht wächst. Es erreicht schnell eine Länge die über den Zapfen hinausragt. Bei guter Pflege lockert sich bald die die Anbindung und das Edelreis wächst von selbst aufrecht. Jetzt wird die Unterlage vollkommen und sauber abgeworfen, und wenn das Edelreis an der Veredelungsstelle etwa die gleiche Dicke hat, wie die Unterlage, dann wird der verbleibende Zapfen (Rest der Unterlage) entfernt und zwar so, daß er von dem aufstrebenden Edelreistrieb überwachsen werden kann. Bei Veredelungen von Citrus auf Poncirus trifoliata und deren Hybriden bildet sich eine Wölbung an der Unterlage, zum Teil auch säulenartige Ausbuchtungen, weil die Unterlage dicker bleibt als das Edelreis. Dieser 'Flaschenhals' ist ganz charakteristisch für Poncirus trifoliata, Citrangen und Citrumelos und ist ein Zeichen dafür, daß eben Unterlage und Edelreis nicht ganz kompatibel miteinander sind. Nachteile entstehen dadurch nicht, was man daraus ersehen kann, daß die Kombinationen von Citrus auf Citrangen die wohl erfolgreichsten Kombinationen im kommerziellen Anbau.

Ich habe dazu bei YouTube, einer VideoPlattfrom ein paar Filme eingestellt, sie sind nicht Fehlerfrei und nicht von bester Qualität, trotzdem können diese helfen, daß Verfahren zu verstehen:

Videos:
Okulieren von Citrus Teil 1 von 4, Teil 2 von 4, Teil 3 von 4, und Teil 4 von 4

Dies sind die gängisten Veredelungsmethoden für Citrus, ich möchte jetzt noch auf einige spezielle Methoden hinweisen, die unter besonderen Umständen angewandt werden.

Für den Citrus-Hobbygärtner hat sich das 'Chip-Budding' oder 'Chippen' sehr bewä:hrt. Hierzu wird zuerst am Stamm der Unterlage ein Span herausgenommen, in welchen ein Edelreisspan von ungefähr gleicher Größe eingepaßt wird. Man geht wie folgt vor:
 
Schnitt an der Unterlage fertiger Schnitt an der Unterlage Schnitt des spans am Edelreis
Schnitt an der Unterlage Fertiger Schnitt an der Unterlage Schnitts des Edelaugen-Spans

An einer gereinigten, möglichst geraden Stelle am Stamm der Unterlage beginnt man mit einem Schnitt leicht schräg ins Holz, zum Ende parallel zum Holz von etwa 2 cm Gesamtlänge anzulegen. Hierbei wird mit dem Messer geschnitten, das Messer muß locker und leicht durch das Holz gleiten, ohne das Holz zu durchtrennen oder über die Hälfte des Stammes zu gelangen. Ein zweiter Schnitt erfolgt etwas oberhalb vom Ende des ersten Schnittes und führt schräg nach unten in Richtung Stammesmitte zum Ende des ersten Schnittes. Der so herausgetrennte Span fällt nun heraus oder kann einfach entnommen werden. Nun wird das Edelreis ähnlich zugeschnitten, wobei man hier etwa 1 cm oberhalb des Edelauges mit dem Schnitt beginnt, dann den Schnitt durch das Holz bis etwa 1 cm unterhalb des Auges durchzieht. Das Auge wird dann mit dem schrägen Schnitt zum Holzteil und Ende des ersten Schnittes am Edelreis herausgelöst. Das Auge liegt nun sicher auf einem entsprechenden Holzteil, der die ungefähre Gestalt des von der Unterlage herausgelösten Spans hat.
 
passendes Edelreisspan fertiger Schnitt an der Unterlage Schnitt des spans am Edelreis
fertiger Edelreisspan oder Chip Span in den Schnitt der Unterlage
eingesetzt
Veredelung fertig verbunden

Dieser Span wird nun in die Kerbe der Unterlage eingepaßt, sollte der Span des Edelauges oben etwas überlappen, so schneidet man das untere Ende mit dem leicht schrägen Schnitt zum Holzteil nach, um die Spanlänge so zu kürzen. Der Span kann nun in die Kerbe am unteren Ende eingeklemmt werden. Es ist dabei darauf zu achten, daß der Span des Edelauges an den Seiten nirgends übersteht, sondern sogar am Besten geringfügig kleiner ist. Es sollte ein klitzekleiner grüner Rand um den Span des Edelauges an den Seiten zu sehen sein. Ist das Edelauge, oder besser der Edelreispan kleiner, so sollte dieser Span zumindest auf einer Seite Deckung mit der Aussenkante in der Kerbe der Unterlage erreichen. Nur dann ist ein Verwachsen möglich. Es wird am Besten mit Kunststoffveredelungsband verbunden. Dieses erbringt das beste Anpressen von Edelaugen auf die Unterlage. Es soll aber auch mit dem extrem dehnbaren, selbsthaftenden Dichtmaterial aus Kunststofffolie (Parafilm M) funktionieren. Mit diesem kann man nach dem Anwachsen aber auf jeden Fall sehr gut die Knospe nachträglich schützen.
 

Angewachsenes und forciertes Edelauge
Angewachsenes und forciertes Edelauge einer Chip-Veredelung

Ein sicheres Verwachsen ist dann gegeben, wenn der Span noch nach drei Wochen grün ist und sich rund um den Span Kallusgewebe gebildet hat, so daß anzunehmen ist, daß der Span eingewachsen ist. Forciert wird wie beim Okulieren. Man kann also festhalten, daß das 'Chippen' sozusagen das seitliche Anplatten eines Edelauges ist.

Auch hier habe ich bei YouTube, einer VideoPlattfrom ein paar Filme eingestellt, sie sind auch hier nicht Fehlerfrei und nicht von bester Qualität, trotzdem können diese helfen, daß Verfahren zu verstehen:

Videos:
Chip-Veredelung von Citrus Teil 1 von 4, Teil 2 von 4, Teil 3 von 4, und Teil 4 von 4

Das Spaltprofen wird bei Citrus hauptsächlich dann verwendet, wenn die Unterlage noch gut ist, aber das Edelreis zwar gesund ist, aber nur schlechte Erträge bringt. Aber auch nach Frostschäden wird so die Edelsorte komplett von der Unterlage getrennt und eine neue Edelsorte aufgepfropft. Im ersten Fall spricht de US Amerikaner von 'Topworking', wobei die alte Edelsorte zwischen eigentlicher Unterlage und neuer Edelsorte als Zwischenstock verbleibt. Hier muß die neue Edelsorte mit dem alten Edelreis verträglich sein. Im zweiten Falle wird das komplette alte Edelreis entfernt, wodurch die 'alte' Unterlage wiederverwendet werden kann. Hier gelten die gängigen Regeln zum Veredeln. Im ersten Fall wird mittels einer Säge die Krone an den ersten Verzweigungen am Stamm, also der Kronenwurzel, die restliche Krone abgeworfen, so daß noch zwei bis vier Aststummel überbleiben. die Aststummel sollten etwa 20-30 cm lang sein. Nun werden die Äste vorsichtig quer gespalten. Dazu wird das Veredelungsmesser auf der Schnittstelle angesetzt und in den Ast gedrückt. Mit einem Keil oder dem Veredelungseisen wird die Spaltung erhöht bzw. erweitert. Bei stärkeren Ästen muß öfters der Keil mit dem Hammer eingeschlagen werden. Dadurch bildet sich ein Spalt, der in gleicher Richtung wie die Wuchsrichtung des Astes ist, verläuft. Jetzt werden zwei Edelreiser vorbereitet. Es werden nun zwei Schnitte mit dem Messer gemacht, die das Edelreis unten gleichmäßig spitz zulaufen lassen. Dieser Keilschnitt wird zusätzlich so geführt, daß das Auge welches etwa in der Mitte des Schnittes liegt eine breitete Seite hat, als die abgewandte Seite. Es ist als ein doppelt keilförmiger Schnitt. Der Keil wird nun in den Spalt eingeführt, so daß dessen zweite dünner zugeschnittene Rindenseite zum Astmittelpunkt zeigt, während die breitere Seite mit dem auge nach aussen kommt. Dabei darf die Rinde nicht verletzt werden. Die Rindenschichten von Edelreis und Ast müssen aufeinander lagern und deckungsgleich sein. Der zweite Edelreis wird auf der gegenüberliegenden Spaltseite eingeschoben. Jetzt wird der Keil langsam entfernt und durch den Klemmeffekt halten die Edelreiser gut am Ast. Die Edelreiser zeigen in die Wuchsrichtung des Astes. Der Ast wird nun mit Raffiabast umwickelt, damit die Edelreiser nicht locker werden können. Jetzt werden die Spitzen der Edelreiser mit Wachs verschlossen, die Wundregion am Ast bis zum Spaltende verstrichen und die Schnittstelle des Astes mit dem Spalt gut verschlossen. So sollten keine Krankheitskeime in den Spalt und die Veredelungsregionen eindringen können. Wenn das Edelreis etwa 5 cm Austrieb zeigt, wird vorsichtig der Bast entfernt, aber zum Schutz nochmal mit Wachs verstrichen. So treibt auf dem alten Edelreis ein neues, besseres Edelreis aus und wird so an allen Aststümpfen die Krone bald ersetzt haben. Wenn das gesammte Edelreis entfernt wurde, wird der Unterlagenstumpf gespalten. Dazu wird zunächst eine Linie über den Stumpf gezogen und der Stumpf an den Punkten, wo die Linie die Rinde berührt schräg mit dem Messer vorgespalten. Nach und nach wird der Spalt verlängert, bis die gesamte Stumpffläche vom Spalt erfaßt worden ist. Der Spalt wird mit dem Veredelungseisen und einem Hammel so weit eröffnet, das die Edelreiser Platz finden. Ab der Spaltbildung wird ebenso verfahren, wie bei den Aststümpfen.

In beiden oben genannten Fällen muß jedoch erwogen werden, ob sich die Mühe lohnt, oder ob es sinnvoller ist den Baum komplett zu ersetzten.

Zum Schluß möchte ich noch aus eine Technik eingehen, die wichtig ist, wenn virenerkranktes Material die einzige Möglichkeit bildet, die Sorte zu vermehren. Hierzu wird ein Sämling gezogen, bis seine Sproßachse etwa 1-2 mm Durchmesser hat. Von dem Baum wird eine frische Triebspitze abgenommen, die den gleichen Durchmesser wie der Sämling haben muß. Der Sämling wird abgeworfen und die Triebspitze wird auf den Sämling aufgebracht und fixiert. Unter keimfreien Bedingen wächst nun eine Pflanze heran, die von den befallenen Viren frei sein sollte. Dieses Verfahren zum Teil in anderer Form wird im kommerziellen Anbau der USA 'Shoot-Tip-Grafting' genannt. Dieses Verfahren kann nur in Laboratorien mit keimfreier Umgebung angewandt werden.

Andere Veredelungspraktiken wie 'Hanging Bud' in Florida/USA oder das 'Anplatten' vieler Hobbygärtner haben eigentlich nur lokale Bedeutung, weshalb ich nicht näher darauf eingegangen bin. Das 'Hanging Bud' Verfahren kann man sich wie ein umgekehrtes Chippen vorstellen. Veredelungsprofis kennen allerdings auch diese Methoden und können daher gut für Informationen sorgen. Im Anschluß an diese Beschreibung folgt nun eine sehr umfassende Beschreibung der häufigsten weltweit angebauten Citrusunterlagen, ihre Vor- und Nachteile und der hauptsächliche Einsatz. Die Quelle für diese Beschreibung stellt die Citrus Industrie in Florida/USA dar, woher ich sie auch habe. Im Anschluß findet sich auch eine Tabelle wieder, die für einige Unterlagen einen Schnellüberblick bietet. So kann man sich im Vorfeld für eine oder mehrere Unterlagen entscheiden und ist nicht an lokale Traditionen gebunden. Oft sind solche traditionellen Auswahlkriterien mit Vorurteilen, falschen Erfahrungswerten und anderen Irrannahmen behaftet, weshalb sich jeder selbst sein Bild über die verschiedenen Citrusunterlagen machen sollte. Ich halte dies für sehr wichtig und jeder Leser, der mit dem Gedanken spielt, selbst Citruspflanzen durch Veredeln zu vermehren, sollte auf dieses Wissen zurückgreifen können. Unterlagenauswahl stellt für eine Veredelung den wichtigsten Schritt dar, da die Unterlage den Wurzelstock des Edelreises bildet, es also folglich ernährt.

 

 

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